Petzow, die Landschaft, Schloß und Park, die AKAZIEN und Schiffsnägel:
Petzow, die Landschaft, Schloß und Park:
Wie Buda-Pest oder wie Köln und Deutz ein Doppelgestirn bilden, so auch Caputh und Petzow. Sie gehören zusammen. Zwar ist die Wasserfläche, die die beiden letzteren voneinander trennt, um ein erhebliches breiter als der Rhein und Donau zusammen, aber nichtsdestoweniger bilden auch diese beiden »Residenzen« dieseits und jenseits des Schwielow eine höhere Einheit. Eine Einheit, so verschieden sie untereinander sind. Sie ergänzen sich. Caputh ist ganz Handel, Petzow ist ganz Industrie. Dort Wasserstraße, eine Werft, ein Hafenverkehr; hier die Tag und Nacht dampfende Esse, das nie erlöschende Feuer des Ziegelofens. SCHÖNHEIT der Lage ist beiden gemeinsam; doch ist Petzow hierin weit überlegen, sowohl seiner eigenen unmittelbaren Erscheinung als dem landschaftlichen Rundblick nach, den es gestattet. Die etwas unregelmäßig über einen Hügelrücken sich hinziehende Dorfstraße folgt im wesentlichen dem Schwielow-Ufer; zwischen Dorf und See aber ist ein ziemlich breites, schräg abfallendes Stück Land verblieben, in das Schloß und Park sich teilen. Beides sind Schöpfungen dieses Jahrhunderts; Vater und Großvater des gegenwärtigen Besitzers, des Amtsrats von Kaehne, riefen sie ins Leben.

Das Schloß, in seiner gegenwärtigen Gestalt, wurde nach einem Schinkelschen Plane ausgeführt. Es zeigt eine Mischung von italienischem Kastell- und englischen Tudorstil, denen beiden die gotische Grundlage gemeinsam ist. Der Bau, wie er sich unter Efeu und Linden darstellt, wirkt pittoresk genug, ohne das er im übrigen besonders zu loben wäre. Es ist bemerkenswert, daß alles Gotische oder aus der Gotik Hergeleitete auf unserm märkischen Boden seit Wiederbelebung dieses Stils (einer Epoche, die kaum zwei Menschenalter zurückliegt) nicht gelingen wollte.

Schloß Petzow, nach einem Enrwurf von Karl Friedrich Schinkel.
Wie die Dinge liegen, wird zwar auch jetzt noch gelegentlich der Versuch gemacht, es mit der Gotik und ihren Dependenzien zu wagen; aber diese Versuche scheitern jedesmal, wenigstens für das Auge dessen, der die Originale oder auch nur das kennt, was mit immer wachsendem Verständnis unsere westdeutschen Neugotiker danach bildeten. Auch das Herrenhaus zu Petzow ist ein solcher gescheiterter Versuch. Was daran anmutend wirkt, ist, wie schon angedeutet, das malerische Element, nicht seine Architektur. Diese, soweit man überhaupt von einer Architektur sprechen kann, datiert aus dem Anfang der zwanziger Jahre (1820) ist also kaum fünfzig Jahre alt. Dies gilt auch besonders von den angebauten Flügeln. Der Park ist eine Schöpfung Lennés. An einem Hügelabhang gelegen wie Sanssouci, hat er mit diesem den Terrassencharakter gemeinsam. In großen Stufen geht es abwärts. Wenn aber Sanssouci bei all seiner Schönheit einfach eine große Waldterasse mit Garten und Wiesengründen bietet, so erblickt man von dem Hügelrücken des Petzower Parkes aus eine imposante Wasserterasse, und unser Auge, zunächts ausruhend auf dem in Mittelhöhe gelegenen, erlenumstandenen Parksee, steigt nunmehr erst auf die unterste Treppenstufe nieder — auf die breite Wasserfläche des SCHWIELOW.

Der Park umschloß früher auch die Kirche des Dorfes. Alt, baufällig, unschön, wie sie war, gab man sie auf, und auf einem weiterzurück gelegenen Hügel wurde 1841 eine neue Kirche aufgeführt. König Friedrich Wilhelm IV., das Patronat ist bei der Landesherrschaft, ordnete an, daß der Neubau im romanischen Stile erfolgen solle.Stühler entwarf die Zeichnungen; die Ausführung folgte rasch. So reihte sich denn die Petzower Kirche in den Kreis jener neuen Gotteshäuser ein, mit denen der kirchliche und zugleich der feine lanschaftliche Sinn des verstorbenen Königs Potsdam und die Havelufer umstellte. Wir nennen nur: Bornstedt, Sacrow, Caputh, Werder, Glindow. Ihre Zahl ist um vieles größer. So entstehen denn entzauberte Kirchen, die helle Fenster und gute Plätze haben, die aber den Sinn kalt lassen, weil mit der Vergangenheit gebrochen wurde.

Kirche in Petzow, nach einem Enrwurf von Karl Friedrich Schinkel.
Ein "gefälliger Punkt in der Landschaft" ist gewonnen, eine vielversprechende Schale, aber, in den meisten Fällen eine Schale ohne Kern. Zu diesen in historischer Beziehung "tauben Nüssen" gehört auch die Petzower Kirche. Aber so kahl und leer sie ist und so verstimmend diese Kahlheit wirkt, so gewiß ist es doch auch, daß man im Hinaustreten auf das Flachdach des Turmes diese Verstimmung plötzlich und wie auf Zauberschlag von sich abfallen fühlt. Sie (die Verstimmung) geht unter in dem Panorama, das sich hier bietet.Die "
Grelle", eine tiefe Flußbucht; liegt uns zu Füßen, unmittelbar neben ihr der Glindower See.
Die Havel und der Schwielow, durch Landzungen und Verschiebungen in zahlreiche blaue Flächen zerschnitten, tauchen in Nähe und Ferne auf und dehnen sich bis an den Horizont, wo sie mit dem Blau des Himmels zusammenfließen. Dazwischen, Dörfer, Brücken — alles, nach zwei Seiten hin, umrahmt von den Höhenzügen des Havellandes und der Zauche. Das Ganze ein
Landschaftsbild im großen Stil; nicht von relativer Schönheit, sondern absolut.
Eine Viertelstunde später, und wir schritten dorfan, um der "Grelle" und ihren Anwohnern einen Besuch zu machen. Der Weg dorthin führt durch eine
Akazienallee und demnächst an einer ganzen Plantage von AKAZIEN vorbei.
AKAZIEN im Umland von Berlin und Potsdam.
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Schiffchen, Stempel und Staubgefäßen:
Pseudo Acacia
Potsdam,
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Dort finden Sie einen Auszug aus der Schriftenreihe:
Aus dem WALDE.
"Mittheilungen in zwanglosen Heften", von H. Burckhardt, Königlich Hannoverschem Forstdirektor.
I. HEFT Hannover,
Carl Rümpler 1865.
PETZOW. Akazien zu Schiffsnägeln:
Schon vorher war mir der besondere Reichtum des Dorfes an dieser Baumart aufgefallen. Man begegnet der Akazie überhaupt häufig in den Havelgegenden, aber vielleicht nirgends häufiger als hier. Es ist ein dankbarer Baum, mit jedem Boden zufrieden, und in seiner arabischen Heimat nicht verwöhnt, scheint er sich auf märkischem Sande mit einer Art Vorliebe eingelebt zu haben. Alle Akazien in Spree- und Havelland rühren mittelbar von Sanssouci her, wo der
Ur-Akazienbaum, der Stammvater vieler tausend Enkel und Urenkel, an der Bornstedter Straße, gegenüber dem Triumpfbogen, steht. Die Akazie, ursprünglich als Zier- und Parkbaum gehegt, hat übrigens längst aufgehört, eine exzeptionelle Stelle einzunehmen; sie ist, wie das ihrer anspruchslosen Natur entspricht, Nutzholz geworden und bildet einen erheblichen Handelsartikel dieser Gegenden.
Ich erfuhr darüber Folgendes: Zu bestimmten Zeiten kommen Händler aus den Nordseehäfen, aus Hamburg, Stade, Bremerhaven, auch von der Jade her, bereisen die Akaziengegenden, kaufen an und markieren die Bäume, die zunächst gefällt werden sollen.
Ein Hauptpunkt für diese Händler ist PETZOW. Einige Wochen später erscheint ein Elbkahn von Hamburg oder den anderen genannten Plätzen und hat eine kleine Armee von Holzfällern und Holzspaltern an Bord. Es sind Geschwisterkinder der Schindelmacher. Wie diese haben sie es zu einer Virituosität gebracht; sie fällen, zersägen, spalten; während der Schindler aber ein Flachholz herstellt, stellt dieser nordische Holzspalter ein zylinderförmiges Langstück her, das später, als beste Sorte
SCHIFFSNÄGEL, auf den Werften der Seestädte eine Rolle spielt.Wenn der Kahn mit diesen Schiffsnägeln gefüllt ist, wird die Rückfahrt angetreten, und die Petzower Akazien schwimmen ein Jahr später auf allen Meeren und halten die Planken der deutschen Flotte zusammen. ... wir hatten inzwischen die "Grelle" und damit zugleich den großen
Ziegelofen erreicht, der sich hier am Ufer der tiefeinschneidenden Havelbucht erhebt. Dieser Ziegelofen ist weit bekannt in Havelland und Zauche; er ist der ältesten einer, und schon im vorigen Jahrhundert umgab ihn eine Kolonie von Ziegelstreichern und Ziegelbrennern, die sich hier in Hütten und Häusern angesiedelt hatten. Diese übertrugen den Namen, den sie hier vorfanden, alsbald auf die ganze Anlage, so daß mit dem Worte "Grelle" nunmehr ebensooft das Etablissement wie die seeartige Einbuchtung bezeichnet wird.
Der alte historische Ziegelofen modernisierte sich im Laufe der Jahre, vielleicht auch die Häuser, die ihn umstanden, aber sie blieben immer kümmerlich genug.
Auf eins der selben, dem man ersichtlich vor kurzem erst ein neues Stockwerk aufgesetzt hatte, schritten wir jetzt zu. Der Eingang war vom Hofe her. Ein alter knorriger Birnbaum, der ziemlich unwirsch aussah, legte sein Gezweig nach links hin auf das niedrige Hausdach, nach rechts hin über ein Konglomerat unsagbarer Örtlichkeiten: Verschläge, Ställe, Kofen. Zwischen ihnen das gemeinsame Gestade des Sumpfes. Alles ärmlich, unsauber; selbst das Weinlaub, dem man dürftig und kunstlos ein Spalier zusammengenagelt hatte, spann sich verdrießlich an der Hinterwand des Hauses aus. Ein unpoetischer, selbst ein unmalerischer Ort!
Aber aus dem Weinlaub hervor schimmerte eine weiße Tafel mit der Inschrift:
"Hier ward Zelter geboren am 11. Dezember 1758". Beuth, wenn mir recht berichtet, hat seinem Freund Zelter diese Tafel errichten lassen.
Der Schüler und zweite Nachfolger des berühmten "Sohnes der Grelle" aber war — Grell. Auch der Zufall liebt es gelegentlich, mit Wort und Namen zu spielen.